Gibt es Vollstreckungsverbote für Gläubiger?

Sobald sich herumgesprochen hat, dass ein Gläubiger oder der Schuldner selbst Insolvenzantrag gestellt hat, setzt oft ein "Wettlauf der Gläubiger" ein, ihre Forderungen durch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung oder eigenmächtiges Handeln gegen den Schuldner zu sichern.

Geschieht dies ungehindert, so kann sich die Insolvenzmasse bis zur Entscheidung des Insolvenzgerichts so vermindert haben, dass eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich ist oder ein Insolvenzverwalter durch Anfechtung gepfändete Gegenstände und Forderungen zur Insolvenzmasse zurückfordern muss. Das Insolvenzgericht hat daher von Amts wegen alle erforderlichen vorläufigen Maßnahmen zu treffen, um eine den späteren Insolvenzgläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Dazu kann es Maßnahmen der Zwangsvollstreckung, wie der Pfändung von Gegenständen oder Forderungen untersagen oder einstweilen einstellen.

Anordnung von Vollstreckungsverboten

Der Insolvenzantrag allein löst noch keine Vollstreckungsverbote aus, der Gläubiger kann sich allenfalls bei einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Risiko der Unwirksamkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch die so genannte "Rückschlagsperre" und der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter aussetzen. Das Insolvenzgericht ordnet ein Verbot der Zwangsvollstreckung nur dann an, wenn sie nach seinen Feststellungen der Insolvenzmasse droht.

Die Anordnung eines vorläufigen Vollstreckungsverbots ist nicht möglich, soweit unbewegliche Gegenstände, d.h. Grundstücke betroffen sind. Ein Gläubiger kann daher bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiterhin eine Sicherungshypothek eintragen lassen und die Zwangsversteigerung und/oder Zwangsverwaltung des Grundstücks in einem besonderen Verfahren betreiben. In diesem Verfahren kann ein vorläufiger Insolvenzverwalter jedoch die einstweilige Einstellung der Versteigerung herbeiführen, um z.B. eine Betriebsfortführung zu unterstützen.

Vollstreckungsverbote sind häufig im Rahmen eines gerichtlichen Sicherungsbeschlusses mit anderen Maßnahmen, insbesondere einem Verfügungsverbot für den Schuldner oder einem Zustimmungsvorbehalt für Rechtsgeschäfte des Schuldners durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter verbunden.

Bekanntmachung von Vollstreckungsverboten

Die gerichtliche Anordnung eines Vollstreckungsverbots allein braucht nicht veröffentlicht zu werden. Es ist also weder aus dem Internet (www.insolvenzbekanntmachungen.de) noch aus dem elektronischen Bundesanzeiger (www.ebundesanzeiger.de) ersichtlich. Nur beim Zusammentreffen mit einem veröffentlichungspflichtigen allgemeinen erfügungsverbot für den Schuldner oder Zustimmungsvorbehalt des vorläufigen Insolvenzverwalters ist es auf diese Weise erkennbar. Ansonsten kann ein Gläubiger bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner durch ein Vollstreckungsverbot des Insolvenzgerichts überrascht werden.

Aufhebung von Vollstreckungsverboten

Das Vollstreckungsverbot endet entweder mit der Rücknahme bzw. Erledigung des Insolvenzantrags, der Zurückweisung des Insolvenzantrags mangels Masse durch das Insolvenzgericht oder den Eröffnungsbeschluss. Jeder Gläubiger ist daher gut beraten, den Ausgang eines Insolvenzeröffnungsverfahrens zu überwachen. Kommt es nämlich nicht zur Eröffnung, ist ein gerichtliches Vollstreckungsverbot sofort mit dem Ende des Insolvenzeröffnungsverfahrens aufzuheben. Die Zwangsvollstreckung kann dann auch sofort begonnen bzw. fortgesetzt werden. Die Aufhebung von Vollstreckungsverboten ist nur dann veröffentlichungspflichtig, wenn dies auch für die Anordnung wegen des verfügungsbeschränkenden Charakters der Sicherungsmaßnahme vorgeschrieben war.

Bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden vorläufige Vollstreckungsverbote von selbst gegenstandslos, weil mit dem Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners von Gesetzes wegen auf den Insolvenzverwalter übergeht.